NORDSCHEIN

Erste Tage in Arjeplog

Arjeplog – selbst viele Schweden wissen nicht, wo das liegt. Dabei bezeichnet Arjeplog selbst sich als „tätort“, was soviel wie „dicht besiedelter Ort“ bedeutet. Wer einmal einen Eindruck vom „glesbygd“, von den nur dünn (sehr dünn) besiedelten Landstrichen bekommen hat, versteht, wie man einen Ort, der nur ein Viertel der Einwohner Sauerlachs – nämlich 2000 – hat, einen tätort nennen kann.

Aber wo liegt Arjeplog denn nun? Es liegt mitten in Norrland. Norrland fängt gleich hinter Stockholm an, ungefähr wie Norddeutschland hinter der Donau beginnt. Norrland besteht aus 9 Landschaften; die drei nördlichsten sind Västerbotten, Norrbotten und Lappland. Und dort, im südlichen Norrbotten/Lappland liegt also Schwedens viertgrößte Kommune. Von Stockholm bis hierher sind es 1000 Kilometer Luftlinie, bis zum Polarkreis sind es noch 100. (In Schweden rechnet man übrigens in Meilen: 1 Meile = 10 km; alles andere würde nur abschreckend klingen). Für Kartenchecker: 66°05′; 17°50′.

In diesem Haus am Slagnäsvägen wohne ich zur Zeit mit zwei Kollegen, bis ich gegen Weihnachten ins „Zentrum“ ziehe. Abends jemandem zum „snacka“ (ratschen) zu haben oder auch gemeinsam zu essen, finde ich gerade sehr angenehm. Irgendwie bin ich allerdings immer noch verwirrt, dass ich den Polarstern am oberen Ende des Slagnäsvägen finde, aber so allmählich rückt sich die Karte in meinem Kopf zurecht.

Arjeplog liegt zwischen mehreren Seen, im Norden der ellenlange Hornavan (siehe das große Bild eingangs), mit 240 Metern Tiefe der tiefste in Schweden. Im Süden der Uddjaure. Gespeist werden diese Seen vom Skellefteåälven, der bis an die Küste des Bottenviken fließt. Eine Ausstülpung des Hornavan heißt Gáhkal, und eine kleine Halbinsel, die in den Gáhkal ragt, ist Nåtti, hier befindet sich das BMW Testgelände.Da zurzeit noch keine Erprobungsfahrzeuge da sind, durfte ich noch schnell ein Bild machen. In zwei Wochen ist dann aber alles top secret! Hier werde ich nun bis Ende März meine Werktage verbringen.

An die Fika-Pausen während des Studiums in Umeå kann ich mich zwar erinnern (fika = Kaffee trinken, mit oder ohne Butterbrot oder Zimtschnecke). Bis dato war mir allerdings nicht klar, dass fika (09:00 und 14:00 Uhr) hochheilige Zeiten sind. Wenn ich da also noch am Rechner sitze, werden die Schweden plötzlich erstaunlich laut. Während dieser Pausen kann ich nun ausführliche Studien zum Arjeplogs-målet (Dialekt) machen. Mein Chef meinte, ich könne mich ja nun mal darin vertiefen. Allerdings hat dieser tätort gleich 3 Dialekte zu bieten, die auch noch ziemlich unterschiedlich sind. Einer kommt dem Niederbayerischen ziemlich nahe (auf Schwedisch natürlich). Bei einem zweiten muss man während den Vokalen auch noch pusten und pfeifen. Und den Dritten habe ich – wissentlich – noch nicht gehört. Nun, ich werde wohl bei Rikssvenska bleiben und schauen, dass ich das ein wenig erweitere.

Mittlerweile sind ein paar Tage vergangen und ich konnte mich einigermaßen einnorden. Ab nächster Woche hab ich einen Platz in der Reitstunde im Stall schräg gegenüber. Mit der Deutschlehrerin an der hiesigen Schule habe ich auch schon gesprochen, und wir wollen uns demnächst mal treffen, denn ich habe da so ein paar Ideen für Deutschlernende. Ein paar Vögel habe ich auf meinen ersten Streifzügen entdeckt: Wasseramsel, Unglückshäher (wer diesem zutraulichen Vogel wohl diesen Namen verpasst hat? Auf schwedisch heißt er Flechtenhäher) und Schneehuhn. Fornlämningar, also die Hinterlassenschaften vorzeitlicher Kulturen, die hier angeblich ideale Bedingungen vorfanden (hier wachsen keine Mangos!!!).

Und dann ist da die Frage, wie schnell es hier dunkel wird. Heute, am 20.11. ging die Sonne um 08:57 auf, und um 14:08 unter. Da sich kein Wölkchen zeigt, ist die Zeit dazwischen sehr hell. Nach Sonnenuntergang verliere ich jegliches Zeitgefühl, und in den vergangenen Tagen verlor ich auch jegliche Motivation (kann natürlich auch noch die Müdigkeit nach dem Umzugswahnsinn sein). Aber nun mit ein bißchen Bewegung (heute z.B. im Schwimmbad + Sauna für schlappe 44 SEK (= 4,20€)) lässt sich das in den Griff kriegen.

 

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