NORDSCHEIN

Eintauchen in den Winter

Es ist Samstag vor dem ersten Advent. Ich wollte eigentlich zu Sonnenaufgang (09:15) bereits unterwegs sein, aber die Packroutine steht nocht nicht, und überhaupt bin ich morgens ziemlich langsam. Es ist bereits 11 Uhr, als ich mein Radl endlich am Start meiner Skitour an einem Pfosten festschließe. Wahrscheinlich ist hier nicht unbedingt der Ort, wo Fahrraddiebe nach Objekten suchen, aber da mir in Luleå bereits 2 Radln gestohlen wurden, gehe ich lieber auf Nummer sicher.

Dann schulter ich meinen Rucksack und die Tour beginnt. Schon nach wenigen Metern biegt die Scooterspur nach links ab und vor mir liegt ein tief verschneiter Wald.

 

Obwohl es minus 4 oder 6 Grad waren, als der Schnee gefallen ist, also Pulverschnee, biegen sich die Birken und jungen Kiefern unter seiner Last und bilden an einigen Stellen richtige Bögen, unter denen ich durchkriechen muss. Dahinter bin ich wirklich in einer anderen Welt. Immer wieder kreuzen Spuren von Hasen, ob es hier so viele gibt, oder ein paar wenige, die aber umso aktiver sind? Aber es muss anstrengend sein, im tiefen Schnee zu hoppeln.

Das hier ist die Strecke meiner beliebten Sommertour, wahrscheinlich werde ich viel ungespurt gehen, fraglich ob ich den Weg überhaupt finde. Aber ich würde diese Tour gerne einmal bei Friluftsfrämjandet (einer Outdoororganisation, bei der ich manchmal auch Langlaufunterricht gebe) führen, und dazu muss ich natürlich wissen, ob ich den Weg finde oder nicht. Also los!

Bald kreuze ich die Loipe, die Richtung Ormbergets Skigebiet läuft, und ich folge unter einer Stromleitung wieder einer Scooterspur. Kurz vor dem zweiten Jägerstand (auf schwedisch: Älgtorn = Elchturm) quert eine Elchspur. Ob ich einen mal aus der Nähe besichtigen kann? Meine nächste Begegnung bislang war im Auto, und das ist ja eher nicht so prickelnd.

Bis zum dritten Älgtorn hängen ein paar Bänder an den Bäumen, um den Weg zu markieren. Doch danach ist das wachsame Scoutauge gefragt. Jaaa, mit viel gutem Willen kann man unter dem Schnee eine leichte Kerbe entdecken, doch viele, viele Bäumen hängen darüber. Ich schüttel sie, in der Hoffnung, dass sie sich wieder aufrichten. Dann geht es eine Weile mit Hilfe einer App weiter, die ist wirklich sehr genau. Gut dass ich Empfang habe, auch wenn es sich ein bißchen wie schummeln anfühlt.

Mittlerweile knurrt der Magen. Eigentlich wollte ich am Herstöträsk (Herstösee) Pause machen, doch die Zeit ist schon fortgeschritten. Drum rolle ich im 4. Älgtorn meine Isomatte aus, hole die Thermosdose hervor und löffel warme Kartoffelsuppe. Auf Wintertouren sollte man immer etwas warmes essen. Die Füße auf die Isomatte zu stellen, hilft auch ungemein. Aber mit den neuen Stiefeln (Geburtstagsgeschenk) geht es so viel besser, nichts tut weh und alles ist warm!

Noch schnell ein Selfie schießen, bevor es weiter geht.

(Und wie ich hier gerade so sitze und meine Fotos bearbeite, fällt mir ein anderes Bild in die Hände. Ich glaube nicht, dass ich damals schon von Sápmi geträumt hatte. Aber es sieht so aus, als wäre das immer schon mein Weg gewesen.)

 

Bei den Sommerhäuschen hinter dem Herstöträsk scheint ein Rudel Rehe zu wohnen, vielleicht sind sie beim letzten Schneefall sogar hier gelegen? Dann komme ich endlich an den See, und das Licht geht. Es ist ein bißchen anstrengend zu sehen, das fahle Licht, die wenigen Konturen. Ich habe die Stirnlampe griffbereit im Rucksack, aber noch geht es ohne.

Jetzt wird der Weg einfach, denn vom Grillplatz aus verläuft der Gesundheitsweg nach Hertsö und von dem biegt der Wander-und Scooterweg zurück zum Ormberget ab. Ich brauche einfach nur hinterherzulaufen. Ausnahmsweise zücke ich mein Handy und suche nach der Titelmelodie von Ronja Räubertochter, die erschallt jetzt aus meiner Brusttasche während ich durch den dämmernden Wald schreite. (Kein Wunder, dass ich keinen Elch sehe…).

Um halb vier bin ich wieder beim meinem Radl, jetzt muß doch die Stirnlampe her, denn sonst sehe ich das Zahlenschloß nicht. Am Himmel erkenne ich etwas blau, tatsächlich ein Loch in den Wolken, Sterne blinken. Mir kommt es warm vor, max minus 6 Grad. Aber es sind wohl doch – 12. Liegt bestimmt an den neuen Schuhen!

 

 

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